Montag, 24. September 2012


Die Rischon WG

Erev Tov! - Guten Abend!
So liebe Freunde, ich  sitze gerade in Rischon in der Nähe vom alten Busbahnhof in einem Park und genieße die Sonne, hoffentlich hol ich mir hier keinen Sonnenbrand. Wie ist das Wetter in Deutschland denn so?

Also da ich in Rischon freies W-Lan habe dachte ich mir ich könnte hier mal wieder einen Blogeintrag machen, das wird auch öfter passieren wenn wir in unserer Wohnung endlich Internet haben, aber das ist typisch hier, die Israelis denken sich wahrscheinlich schon „die Deutschen machen aber auch eine Hektik“.
In meinem letzten Blogeintrag bin ich bei unserem letzten Tag in Haifa stehen geblieben, danach ging es für Daniel, David, Max und mich nach Rischon Lezion in unsere WG. Mit im Bus saßen auch noch andere Volontäre die in der Nähe von Rischon, also in Rohovot oder in Kfar Ofarim untergebracht wurden. Die Volontäre aus Kfar Ofarim wurden von ihrer Chefin und einer anderen Mitarbeiterin namens Aviva begleitet. Aviva ging nach spätestens 10 Minuten jedem im Bus auf die Nerven . Sie flitzte auf der ungefähr einstündigen Busfahrt ununterbrochen durch den Gang, schoß schonmal Fotos von ein ihren Volontären, versuchte ihnen die Augenbrauen zu zupfen und schien besonders auf Laurenz` blonde Haare zu stehen. Spätestens da hab ich mir überlegt mich schlafend zu stellen und froh zu sein, dass ich dunkle Haare hab und nicht in Kfar Ofarim untergebracht bin. Und auch Daniel schien relativ genervt zu sein, denn er grummelte neben mir „ kann mal wer die Olle abstellen?“ :D
Naja zum Glück wurden wir als erstes abgesetzt und Iris zeigte uns unsere Wohnung. Die Wohnung an sich ist schon ganz nett nur die erste Ernüchterung folgte auf dem Fuß. Während Iris mit Max noch etwas einkaufen ging versuchten wir die Klimaanlage anzumachen um etwas frische Luft zubekommen und uns abzukühlen, doch leider war diese kaputt und auch die Versuche ins Internet zu gelangen schlugen fehl. Der Router ist wohl kaputt und deswegen müssen wir uns erstmal gedulden.  Als wir die Wohnung weiter inspizierten ist uns noch aufgefallen dass wir keine Klobrille hatten, in vier von sechs Räumen kein Licht ging und kein einziger Schrank zu finden war, wo wir unsere Anziehsachen rein tun könnten. Also heißt es erstmal aus dem Koffer oder vom Boden leben. Das hat die Stimmung zunächst ein wenig gedrückt und wir beschloßen uns ein bisschen in unserer neuen Nachbarschaft umzugucken. Diese besteht größten Teils aus russischen Juden, einer kleinen jüdisch-orthodoxen Siedlung und äthiopischen Juden. Zum Glück kann Daniel fließend russisch, da fällt die Verständigung viel leichter wenn man ihn dabei hat.
Als wir dann wieder in unsere Wohnung kamen haben wir dann unseren finnischen Mitbewohner Akki kennen gelernt. Er ist schon 37 und der erste Eindruck war in Ordnung. Aber das hielt nicht lange an. Akki ist ein sehr streng religiöser Mensch. Ich sag jetzt Mensch weil eigentlich keiner so genau weiß was er überhaupt ist. Fest steht dass er an einen Mischmasch aus Christentum und Judentum glaubt und von Gott hier her berufen wurde, er deswegen seine Freundin, mit der er 5 Jahre zusammen gewesen ist und mit der schon Kinder in Planung gewesen sind, verlassen hat um in Israel "Gott zu dienen".  Und Jesus findet er auch ganz toll. Selbst unsere jüdischen Mitarbeiter in unserer Einrichtung wissen nicht wirklich an was er glaubt und hatten deswegen schon einige Diskussionen mit ihm, doch auch nach diesen Diskussionen wusste niemand genau was er jetzt überhaupt ist.  
Beispiel: Akki kommt nach Hause und sieht dass der Wasserkocher angeht (scheint irgendwie ein Kurzschluß zu sein) also sagt er zu uns „ Look what jesus did! He switched the cooker on. For me!“  Man kann mit Akki nicht reden ohne dass er irgendwann anfängt von Jesus oder Gott zu erzählen.
Anfangs war das noch ganz lustig aber mit der Zeit nur noch nervig. Noch dazu ist er kein bisschen tolerant und hat uns erklärt dass der Koran „shit“ ist. Und als er im Bus jemanden dabei belauscht hat wie er einen Witz über Jesus gemacht hat, war er wohl kurz davor ihm an den Kragen zu gehen dachte sich dann aber „What would Jesus do?“ und hat sich zusammen gerissen. Wie gesagt, sehr tolerant der Akki :)
Doch vor ein paar Tagen hatten wir eine Diskussion über seine Regeln die er in der Wohnung aufgestellt hatte, danach hatte er wohl das Gefühl wir würden aus der WG ein Freudenhaus machen und verließ uns am nächsten Tag Richtung Jerusalem. Da ist er wohl auch besser aufgehoben. Zur Info, wir haben nur gefragt ob es ok wär, wenn uns unsere Freundinnen hier besuchen würden, da ist er richtig laut geworden der gute Akki und war für keinen Kompromiss zu haben. Mit ihm zu diskutieren war eh nicht das Gelbe vom Ei, da er nie aufgehört hat zu reden und dachte man würde ihn attackieren.  Dabei war er der einzige der aggressiv geworden ist. Naja nun ist er ja weg  :D
Der andere Mitbewohner ist Koreaner und heißt Yan, er ist auch wegen Jesus hier aber ist ein richtig netter Kerl und wir verstehen uns alle gut mit ihm und haben schon einen gemeinsamen Putzplan.       
 Mitlerweile haben wir auch eine Umräumaktion gestartet und leben uns immer mehr ein und wenn wir Glück haben bekommen wir nach Sukkot  auch Schränke und in allen Räumen Licht. Das wird schon alles.
Ansonsten macht die Arbeit in der Einrichtung richtig Spaß und die Mitarbeiter sind auch nett. Man merkt dass viele Leute hier im ersten Moment etwas harsch rüberkommen können aber wenn man sie näher kennen lernt sind sie richtig nett, reden mit dir und sind sehr bemüht einem zu helfen. Das ist mir ehrlich gesagt auch lieber als aufgesetzte Höflichkeit. Was man auch immer mehr merkt ist, dass Israel einfach nur laut ist. :D Man hat manchmal das Gefühl wenn sich hier zwei Israelis übers Wetter unterhalten, kann man das in der Art und Weise mit zwei Deutschen gleichsetzen die sich laut und ausgiebig streiten. :D
Aber zurück zur Arbeit, die Einrichtung ist in 4 Häuser eingeteilt die chaverim unterschiedlicher Ausprägungen und Formen beherbergen. Im Moment helfen wir noch überall aus, das heißt wir arbeiten an einem Tag in dem unteren Haus (Beit Ela) am nächsten Tag im mittleren Haus (Beit Aviv) und am nächsten Tag im oberen Haus (Beit Almoq). Das ist eigentlich ganz gut da die Arbeit in manchen Häusern anstrengender ist als in anderen, so hat man mal einen Tag einen relativ entspannten Job und dann mal einen Tag einen etwas stressigeren. Aber bald werden wir wohl fest auf ein Haus eingeteilt.  Der Tag für die chaverim sieht so aus, dass sie morgens zur Arbeit gebracht werden, wo sie Zahnseide in die dafür vorgesehenen Dosen einfädeln (so hab ich das zumindest verstanden), danach kommen sie mit einem Reisebus zurück zur Einrichtung wo erstmal geduscht wird und Freizeit angesagt ist, an manchen Tagen kommt ein Musiker der mit ihnen musiziert, manchmal wird gezeichnet oder gepuzzelt oder einfach nur ausgeruht. Nebenbei läuft die ganze Zeit der Fernseher, entweder ein Musiksender oder irgendwelche psycho Thriller. Manche Chaverim können sich selber duschen, anderen muss man sagen was sie machen müssen und wieder andere können sich gar nicht alleine duschen. Da muss man dann richtig mithelfen. Man muss nur immer dabei bleiben damit keiner auf die Idee kommt shampoo zu trinken oder anderen Quatsch zu machen.  Dann stellen wir Abendessen (anuchat erev)  zusammen, putzen die Zähne, waschen ab und dann ist Bettruhe, das kann aber jeder für sich entscheiden wann er ins Bett möchte, es muss nur Ruhe herrschen und das Licht muss ausbleiben.. Der Job besteht viel aus aufpassen, denn es gibt ein paar Experten die sich alles in den Mund stecken, in geschloßenen Räumen ihr Geschäft verrichten, irgendwann anfangen den Kopf mit voller Wucht gegen die Wand oder den Boden zu hauen oder einfach in einer Tour über mehrere Stunden hinweg schreien. Wenn man was sagt hören sie kurz auf und fangen dann wieder an. Das kann schon ziemlich auf die Nerven gehen.
Das wars jetzt erstmal für heute, ich hoffe der Teil über die Arbeit ist nicht zugequetscht ;)
Letzte Woche war übrigens das richtige Rosh HaShana, das jüdische Naujahr, wir schreiben jetzt das Jahr 5773 nach dem jüdischen Kalender ;)

Fotos kann ich leider nicht hochladen, die kommen dann die Tage!

Shana tova! – Frohes Neues!

1 Kommentar:

  1. Oh Mann,das hört sich ja alles sehr aufregend an!!! Zum Glück seit ihr Akki losgeworden,wer weiß,was ihm Jesus noch alles geflüstert hätte? Koreanisches Essen ist super,kann Yan kochen?

    Während du in der hitzigen Sonne verbrühst,haben wir angenehme 14°C und Regen. Aber wenigstens haben wir Abwechslung und können Nachts in unseren wohltemperierten Zimmern gut schlafen! Schon blöd, wenn man auf ne Klimaanlage angewiesen ist, ne?!

    Ich wünsche euch, dass bald Klima,Internet,Licht und Schränke vorhanden sind und ihr euch ein bisschen wohnlicher fühlen könnt!

    Danke für die interessanten, amüsanten und teilweise sehr ironischen Zusammenfassungen! Sie versüßen einem die Woche!Ich freue mich schon auf den nächsten Beitrag!

    Viel Spaß dir weiterhin und halt die Ohren steif!
    Ganz liebe Grüße aus Monheim am Rhein aus dem Jahr 2012!
    Bis bald!

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